Susan
Kreller
*1977 Plauen, lebt in Bielefeld
Studium Germanistik und Anglistik in Leipzig | Promotion über
deutsche Übersetzungen englischsprachiger Kinderlyrik
Susan Kreller wird für einen Auszug aus ihrem Romanmanuskript
"Pirasol" ausgezeichnet. Mit stiller Ironie und kritischem
Humor, mit behutsam, zuweilen skurril gebrochenem Pathos, dabei
lakonisch, ohne alle Softness und Larmoyanz erzählt sie,
wie eine 84-jährige Witwe, die ihr Leben lang alles eingesteckt
und immer mit sich selbst ausgemacht hat, was wehtat, im Jahr
2011 beginnt aufzubegehren. Nach und nach enthüllt sich
die Lebensgeschichte der Frau, zusammen mit der des auratischen
Hauses, in dem sie lebt, der Villa Pirasol. In kluger und spannender
Szenenführung mit geschickten Vorausdeutungen und kunstvoll
eingewobenen Rückblenden, in atmosphärisch und metaphorisch
verdichteter, ganz eigen-sinniger Sprache, in Bildern, die Seelisches
körperlich machen, die Dinge des Hauses psychisch aufladen,
als seien sie lebendig, entsteht eine einzigartige Romanwelt,
die die Leser wie magisch in sich hineinzieht, so dass schon
die eine alltäglichen Phrase wiederholende Frage eines
Kindes die ganze, noch zu erzählende Geschichte eröffnet
und kommentiert: "Hast du schon mal alles erlebt?"
Dabei ist Susan Krellers Erzählerinstanz unzuverlässig,
ihre Perspektive aufs Geschehen weniger moralisch als vielmehr
ästhetisch. Nicht dennoch, sondern gerade dadurch gelingt
es der Autorin, in einem scheinbar unscheinbaren Leben und durch
die deutsche Geschichte der letzten achtzig Jahre hindurch die
großen Themen des Daseins neu und berührend, mit
Leichtigkeit zugleich und Tiefe, frisch und berührend erfahrbar
zu machen: Sterben und Tod, Gewalt, den alltäglichen Verrat
und die Gegenwärtigkeit des Vergangenen, unsere Gottverlassenheit
und unsere Suche nach Aufgehobensein, nach dem Halt und Trost
der Kunst und der Annahme des eigenen Ich, wie auch dem Glück,
für es einzustehen, im Versuch der Rebellion.
Laudatio von Dr. Susanne Schulte zum GWK-Förderpreis
Literatur 2014, der Susan Kreller am 30.11.2014 in Bielefeld
überreicht wurde. Über die Preisvergabe entschied
eine Fachjury, der Dr. Pia-Elisabeth Leuschner vom Lyrikkabinett
in München, die Luxbooks-Verlegerin Annette Kühn aus
Wiesbaden und der Hochschullehrer Dr. Jürgen Gunia von
der Universität Münster, Fachbereich Germanistik,
angehörten.