Benjamin Greber: "Alles steuert der Blitz"

 


Kuratiert von Polina Stroganova

FUHRWERKSWAAGE Kunstraum e.V., Köln
21. April bis 5. Mai 2013
Bergstr. 79
50999 Köln-Sürth
www.fuhrwerkswaage.de
www.benjamingreber.com/




Benjamin Grebers Skulpturen sind ephemer. Sie bestehen meist aus empfindlichen Materialien wie Karton und Wellpappe. Doch jenseits ihrer objektbezogenen Zerbrechlichkeit spielt ihre temporäre, ausstellungsabhängige Gültigkeit eine entscheidende Rolle. Waren zwei intakte – vom Künstler handgefertigte – Kartonboxen im Jahr 2009 noch Teil einer Gesamtinstallation im Parkhaus Düsseldorf, so wurden diese im Jahr 2011 im Marta Herford zu autonomen Objekten in Form von
ausgeklappten Wandtafeln. Greber lässt seine Skulpturen wandern. Dabei erreichen sie ihre Ausstellungsdestinationen in unterschiedlichen Zuständen. Das, was zwischen den einzelnen Stationen stattfindet, bleibt uns als Betrachter verborgen, können wir doch kaum erahnen, dass die eine oder andere Skulptur bereits eine formale Historie hat. Greber provoziert dennoch einen erzählerischen Prozess. Vorsätzliche Verschmutzungen, Deformationen und Beschädigungen bilden fiktive Spuren der Zeit und verweisen auf eine Vergangenheit und eine mögliche Zukunft. Was ist diesen Objekten widerfahren, und wie sind sie zu dem geworden, was sie in diesem Moment zu sein scheinen?

Für seine Ausstellung "Alles steuert der Blitz" im FUHRWERKSWAAGE Kunstraum e.V. hat Benjamin Greber in Auseinandersetzung mit dem gegebenen architektonischen Rahmen neue Arbeiten entwickelt. Erstmalig stellt der Künstler einen direkten Dialog zwischen seinen Skulpturen und fotobasierten Arbeiten her und formuliert den Gedanken des Ephemeren explizit.

Ausgangspunkt der Installation ist sein Objekt "Windmühle aus dem südlichen Teil des Jenseits" aus dem Jahr 2006, das für die hier gezeigte mehrteilige Bodenskulptur zerstört wurde. Die einzelnen Elemente der ursprünglichen windradlosen Mühle aus Pappe wurden im Hohlgussverfahren ausgeschwenkt. Es blieben dünne, unvollständige Abgüsse der Innenräume, die nur noch assoziativ an die originäre Form erinnern und die Reminiszenz einer Mühle bilden: Ein Relikt. Die Mühle hat sich gewissermaßen selbst zermahlen und kehrt nun deformiert in den Ausstellungsraum zurück, um eine Geschichte der Vergänglichkeit zu erzählen. "Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn?" fragt Gryphius 1637 und antwortet: "Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten".

Dieser Themenkomplex um Bestehen und Vergehen wird auch von der fotobasierten Serie "Alles steuert der Blitz" aufgegriffen. Mehrere Flatscreens zeigen, einem Prinzip folgend, unterschiedliche Episoden der Serie. Zwei unterschiedlich belichtete Fotografien ein und derselben Szenerie wechseln sich in einem unregelmäßigen Rhythmus ab. Dabei blitzt das länger belichtete Bild jeweils nur für einen kurzen Augenblick auf. Nach längerer Betrachtung lässt sich das Motiv der Landschaft erahnen, jedoch niemals gänzlich fassen. Fraglich bleibt, ob es sich hierbei tatsächlich um ein und dasselbe Bild handelt, oder ob nicht doch eine Form von Bewegung und Veränderung zwischen dem rhythmischen Changieren stattfindet. Ein Augenblick ist und ist zugleich bereits im Werden.

Angeregt wurde diese Serie sowie auch der Ausstellungstitel durch Heraklits Gedanken um das Urfeuer – eine Allegorie des Kosmos’, der alles Seiende im Fluss hält, es zugleich erzeugt und zum Erlöschen bringt.

Die Ausstellung findet im Rahmen der Reihe "new talents – WIDE SPACE" statt. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Arne Reimann.

Benjamin Greber wurde 1979 in Halle/Westfalen geboren. Von 2001 bis 2010 studierte er an der Kunstakademie Münster und war Meisterschüler bei Katharina Fritsch und Ayse Erkmen. Neben zahlreichen Arbeitsstipendien erhielt er 2011 den Förderpreis der GWK. Zu diesem Preis fand eine Ausstellung im Museum Marta Herford statt. In den vergangenen Jahren hatte der Künstler zudem Einzelausstellungen im Wewerkapavillon (Münster), im Lokaal01 (Antwerpen), in der Galerie Opdahle (Berlin) sowie im Dolores: Ellen de Bruijne Projects (Amsterdam) und er nahm an Gruppenausstellungen im In- und Ausland teil, 2012 auch an der Kölner "new talents biennale". Benjamin Greber lebt und arbeitet in Berlin.

Polina Stroganova

 
   
 
 

 

    zurück