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Probieren
geht über Krepieren oder
zuwenig Schlösser für zuviel Luft
Vier preisgekrönte junge Autoren aus Berlin, Stuttgart und Dortmund
lesen neueste Kurzprosa
Haus Siekmann,
Sendenhorst (Ortsmitte)
Freitag, 17. Mai 2002
Zur diesjährigen Leipziger
Buchmessse erschien die Anthologie Zur Sprache gebracht (Pendragon
Verlag, Bielefeld). Der Band versammelt preisgekrönte Kurzprosa von 20 Autorinnen
und Autoren unter 24 Jahren aus dem deutschsprachigen Raum. Sie alle hatten eine
Workshop-Woche mit renommierten Schriftstellern - Marcel Beyer, Ludwig Hartinger,
Alexander Nitzberg, Ruth Schweikert, Alissa Walser - in Arnsberg gewonnen im Rahmen
des Wettbewerbs Zur Sprache gebracht. Ihn hatten die Stadt Arnsberg
und die GWK Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit,
Münster, ausgelobt. Vier der Preisträger lesen am Freitag, den 17. Mai
2002 um 20 Uhr im Haus Siekmann, Sendenhorst, aus ihren neuesten Texten.
Die Lesung ist eine Veranstaltung des Fördervereins Haus Siekmann in Zusammenarbeit
mit der GWK.
Du warst sogar ein negativer Schwangerschaftstest, sagt meine Mutter und
trinkt lächelnd einen Schluck Tee. So beginnt eine Prosaszene der 25jährigen
Dorothea Klein. Scharf beobachtend und lakonisch, mit Humor, Ironie und Nachsicht
stellen die Texte der Berliner Autorin, die zur Zeit ein Stipendium in Schöppingen
hat, Menschen im Umgang mit ihren Alltagsproblemen vor.
Tief ins Bewußtsein
seiner Protagonisten führt die Prosa Jörg Albrechts und aus ihren Köpfen
wieder hinaus in die Welt. Mit befremdetem Blick wird sie gesehen: Hier
sitzt ihre eine Hälfte, die andere folgt dem Parcours. Zirkeltraining. Tritt
sie in den Raum, fällt sie mit sich selbst zusammen. Eine Sekunde.
Präzise und suggestiv in Bild und Gestus, in Rhythmus und Sound ist die Sprache
des 21jährigen Autors aus Dortmund.
Romantisch gebrochen, hochmusikalisch
und assoziativ sind die Texte von Rabea Edel: Zu wenig Schlösser für
zuviel Luft, und eines Tages werde ich den Weg finden in eine andere Stadt, dann
werde ich ihren Namen sagen können, ohne mir die Zunge zu verletzen.
In eine Aura aus Fremdheit und Faszination hüllt die 19jährige Autorin,
die in Berlin und Cuxhaven lebt, ihre Hauptfiguren und deren Welt.
Metaphorisch dicht und soghaft
entfaltet sich die Prosa der 20jährigen Sibylle Schmidt aus Stuttgart. Geisteszustände
nahe am Wahnsinn zeigt sie von innen, als Folge einer großen Erschütterung
oder Verstörung, als Folge von Einsamkeit, Sprachlosigkeit: Sie will
schreien, doch ihre Stimme ist verlorengegangen in den Jahren des Schweigens.
Oder vielleicht schreie ich auch, denkt sie, schreie die ganze Zeit schon. Es
macht keinen Unterschied. Ich bin völlig allein.
Die Lesung von
Jörg Albrecht, Dorothea Klein, Sibylle Schmidt und Rabea Edel sowie das Gespräch
mit den Autoren moderiert Susanne Schulte, GWK.
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