Mit Zwanzig kannte ich die Welt
Literaturgespräch mit Hermann Jansen, Nicolai Kobus
und Susanne Schulte

Sonntag, 22. November 2009, 11 Uhr
Haus Hakenfort, Stadtlohn, Dufkampstraße 11


Kein junger Dichter ist in diesem Jahr noch zu entdecken – doch einer, der, im Wortsinn: wunderbare Gedichte schrieb und sein letztes Buch mit dem autobiographischen Text "Mit Zwanzig kannte ich die Welt" beschloss.

Es geht um Erich Jansen aus Stadtlohn, der vor 41 Jahren starb und den einer der renommierten jungen deutschen Lyriker, der GWK-Preisträger Nicolai Kobus, wiederentdeckt hat. Nicolai Kobus wurde 1968 in Stadtlohn geboren, in dem Jahr, als Erich Jansen dort starb. Im Buchladen seiner Eltern begegneten ihm Jansens Gedichte schon früh. Und, wer weiß, vielleicht trugen sie dazu bei, dass er sich entschied, Dichter zu werden, obwohl Jansen seine Biographie mit dem Fazit beschließt: "Die Welt kennt keine Poesie." Gegen das Profane poetisiert Jansen die Welt in seinen Gedichten, melancholisch, humorvoll, selbstironisch, mitreißend traumverwandt. Als König erkannte er sich, eines Reiches nicht von dieser Welt:
Es ist ganz aus Wörtern gemacht. So, wie es sein Prosagedicht "Der König" zeigt:


Der König

Heute morgen verlieh ich mir das "Blaue Band" vom Haarberger Hof. Der Grund: Im Backhaus fand ich eine faszinierende Metapher.

Da ich keine Minister beschäftige, habe ich mir im Schlafzimmer im Duft der Kammerseife die Auszeichnung eigenhändig um die Schulter gelegt. Das Dokument übergab ich der Staatsschatulle. Anwesend die Magd.

Am Nachmittag machte ich einen Spaziergang. Alle Hasen hatten in Reih und Glied vor meinem Hause Aufstellung genommen. Ich schüttelte ihnen die langen Ohren zum Zeichen meiner Gunst, und die Sonne schickte Milliarden Zucker-stangen in die Kohlrabatten. Mein Strahlenauge ließ aus den Händen der Füchsin die Rute sinken. Schreitend zeichnet ihr Knie ins Tuch eine wirbelnde Sonne. Oh, Tag der Freude aus Dornen und imaginärer Beglänzung!

Ich verbrachte die Nacht im Backhaus bei der schönen Maria, die mit violettem Schleier angetan dort in der Fensterrose wohnt im Duft der hundertjährigen Pflaumen.

(In: Erich Jansen: Aus den Briefen eines Königs. Ausgewählte Gedichte. Aachen: Rimbaud. 2. Aufl. 2001. www.rimbaud.de )


Auf Einladung der Stadt Stadtlohn stellen zwei Kenner seines Werkes Erich Jansen als Mensch und Dichter im Gespräch mit Susanne Schulte vor: Nicolai Kobus und Hermann Jansen, der Sohn des Dichters und ein Lyrikliebhaber, wie er sonst nur im Buche steht.