ARCHIV 2001
 

"Zur Sprache gebracht. Junge Prosa."

Hg. von Jürgen Richter und Susanne Schulte.
Mit einem Vorwort von Ruth Schweikert.
Pendragon Verlag 2001 ( 9,- EUR)

 
       
 

Ende 2000/Anfang 2001 führte das Kulturbüro Arnsberg zusammen mit der GWK einen Kurzprosawettbewerb unter deutschsprachigen Autorinnen und Autoren zwischen 16 und 24 Jahren durch. Die Jury zum Wettbewerb “Zur Sprache gebracht” bildeten Marcel Beyer, Ludwig Hartinger, Alexander Nitzberg, Ruth Schweikert und Alissa Walser.

Zur Leipziger Buchmesse 2002 erscheint die Anthologie mit den Beiträgen der 20 Preisträger. Mit einem spannenden Einblick in Denken und Fühlen der jungen Erwachsenen bietet sie auch hervorragende Literatur - vom poetischen Fragment bis zum Romanauszug, von der humoresken Scheidungsgeschichte über abgründig-leise Alltagserzählungen bis hin zur phantastischen Groteske. Als ersten Einblick einige Anfangssätze:

 
     
 

Jörg Albrecht: “Dienstagsflocken”
... living for todaaay. You may say i’m a dreamer, but i’m not the only one... Mann! I hope someday you will join us. Zum Kotzen. And the world will be as one. Zu so was aufstehen, zum idealistischen Imperativ. Der Rest kann nur nerven. Imagine no possessions, i wonder if - Das reicht. Meine Hand dreht den Wecker aus und um. Dick grün: Acht sechsundvierzig. Dünn grün: TUE. Tju. Es ist ein verdammter Dienstag.

Rabea Edel: “... und Laura”
November ist die Zeit der Vogelzüge. Lilienthal stürzte ab. Lindbergh überflog den Ozean, laut Logbuch, in dreiundreißig Stunden. Das ist der Himmel. Berlin war grau, krank und herrlich. Es reichte nicht. Über der Stadt lag ein Geräusch, das nur in Geschichten vorkommt und die Entfernungen verringerten sich. Diese Stadt macht alles wahrscheinlich. Ich wollte in einer Stadt leben, deren Sprache ich nicht verstand.

Andreas Moster: “Ziesar”
“Hier nimm, Kleine.” Sie nahm die Schokolade, nimmt sie auch jetzt, bezahlt, geht nach draußen, 49 Jahre alt, aus den Zapfsäulen dringt Benzingeruch. Der gleiche Geruch wie damals, aber die Schokolade schmeckt anders. Sie setzt sich in ihren Wagen, wunderschön die Erinnerung an diese Tankstelle im Nichts zwischen Helmstedt und Berlin, eine der wenigen Tankstellen, an denen die Westautos hielten, Transit hieß das. Sie standen hier im Sommer, Marlene mit goldenen Zöpfen und immer das Kleid dreckig, sie selbst mit abgebrochenem Schneidezahn. Wären sie einige Jahre älter gewesen, man hätte sie für leichte Mädchen halten müssen, weil sie da standen in ihren kurzen Röcken und mit aufgeschlagenen Kien. Standen und standen mitten in der Sonne und warteten auf die Männer aus dem Westen. “Hier nimm, Kleine.”

Das Buch “Zur Sprache gebracht. Junge Prosa” können Sie direkt bei der GWK bestellen. Tel. 02 51 - 591 32 14.